Vollbesetzt war die Jugendwerkstatt Roter Faden in Empelde am letzten Donnerstag bei der Diskussion mit Matthias Miersch über die laufenden Verhandlungen zu Freihandelsabkommen. Die Empelder SPD hatte den Bundestagsabgeordneten Matthias Miersch, der die Verhandlungen der EU mit den USA beobachtet, eingeladen.

Matthias Miersch ist dabei besonders auf das transatlantische Handelsabkommen TTIP, aber auch auf Verhandlungen im Dienstleistungsbereich eingegangen; hier verhandeln 50 Staaten über einen vereinfachten Verkehr von Dienstleistungen - auch im Bereich der Bildung oder des öffentlichen Personennahverkehres.

Allein der TTIP- Raum würde 50 % des weltweiten Bruttoinlandsproduktes umfassen. Ziel ist es, die Marktzugänge international zu verbessern, Zölle abzubauen und so genannte nicht tarifäre Handelshemmnisse wie Zulassungsverfahren oder wirtschaftsrechtliche Regelungen anzupassen. Dabei geht es nicht nur um gemeinsame technische Standards, sondern um einen umfassenden völkerrechtlichen Vertrag.

Matthias Miersch betonte: "Bei so grundsätzlichen Regelungen müssen die Parlamente umfassend beteiligt werden und auch eine intensive öffentliche Debatte ist unerlässlich". Vor allem muss darauf geachtet werden, dass sich die sozialen und umweltbezogenen Standards nicht auf einem unteren Niveau einpendeln, sondern sich vielmehr die höheren Regelungen durchsetzen können. Den vorherrschenden neoliberalen Ansätzen bei den bisherigen Verhandlungsergebnissen erteilte Matthias Miersch eine Absage. So dürfe bei TTIP nicht nur über Marktzugänge diskutiert werden, auch die Arbeitsstandards - zum Beispiel der Internationalen Arbeitsorganisation ILO - oder Prinzipien wie die Tarifautonomie müssten anerkannt werden.

Vorstellungen wie sie zur Zeit bei TTIP verhandelt werden, wonach öffentliche Dienstleistungen nach einer Privatisierung nicht mehr kommunalisiert werden können wie etwa Stromnetze, sind ebenso nicht akzeptabel.

Eine ganz besondere Herausforderung wird es sein, die privaten Schiedsgerichte, die TTIP empfiehlt, zu verhindern. Bisher ist vorgesehen, dass sich Unternehmen bei Einschränkungen oder Auflagen von Staaten an Schiedsgerichte wenden können, die lediglich aus drei Rechtsanwälten bestehen und damit eine öffentliche Gerichtsbarkeit außer Kraft setzen würden. Hier hat allerdings das Europaparlament kürzlich eine Resolution mit großer Mehrheit beschlossen, die diesen Vorschlag vehement ablehnt. Diese Resolution ist federführend von dem sozialdemokratischen Europa-Abgeordneten Bernd Lange erarbeitet worden.

Die Ronnenberger Sozialdemokraten und anwesenden Bürger unterstützen die Strategie von Matthias Miersch, für mehr Öffentlichkeit bei den weiteren Verhandlungen zu sorgen. Bei gemeinsamen Aktionen mit Gewerkschaften und Nicht-Regierungs-Organisationen sollen Problembewusstsein geschaffen und Alternativen entwickelt werden. In einer Welt, die immer mehr zusammengerückt, ist es aber besser, über gemeinsame Regeln zu verhandeln und gemeinsame Strukturen für die Wirtschaft zu entwickeln. Klassische Nationallösungen und Einzelverträge zwischen zwei Staaten sind in der globalisierten Welt nicht mehr zeitgemäß; hier sind viel mehr internationale soziale Verantwortlichkeiten gefordert.

Text: Dr. Uwe Specht

Bilder. Sören Thöle

Miersch-ttip1